„WIR HABEN MÖGLICHKEITEN, DIE KEINE ANDERE STIFTUNG HAT.“

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11. April 2025, 10:09 Uhr
Berlin

Artikel: „WIR HABEN MÖGLICHKEITEN, DIE KEINE ANDERE STIFTUNG HAT.“

Was macht die Deutsche Bahn Stiftung besonders? Warum engagieren Sie sich ausgerechnet für diese Organisation? Und: Sind Stiftungen heute überhaupt noch zeitgemäß? Im Interview hat Christina Rau, Schirmherrin der Deutsche Bahn Stiftung, gute Antworten auf schwierige Fragen.

Berlin, im November 2024. Fast 100 Teenager strömen ins Olympiastadion, reden, lachen, laufen die Treppen hinab. Mittendrin: Christina Rau, Politologin, 1999 bis 2004 First Lady an der Seite des damaligen Bundespräsidenten Johannes Rau. Sie ist seit über zehn Jahren Schirmherrin der Deutsche Bahn Stiftung und Mitglied in deren Beirat. Bei der von der Stiftung jährlich zu einem Thema durchgeführten Förderausschreibung sitzt sie in der Jury. „Demokratie stärken“ lautete das Thema 2024. Die heutige Veranstaltung von Lernort Stadion e.V. ist eines der ausgewählten Projekte, die eine Förderung erhielten. Christina Rau will sich ein Bild machen, dazulernen im Austausch mit den Jugendlichen. Aufmerksam nimmt sie an den Workshops teil, bevor sie in der Mittagspause ihr Interview gibt.

Frau Rau, warum engagieren Sie sich ausgerechnet für die Deutsche Bahn Stiftung?

Christina Rau: Das werde ich tatsächlich oft gefragt. Häufig gefolgt von Kritik an der Deutschen Bahn als Unternehmen. Es kommen Sprüche wie: „Die Bahn sollte erst mal für pünktliche Züge sorgen.“

Christina Rau im Gespräch
Christina Rau im Gespräch
Quelle: Deutsche Bahn Stiftung / Oliver Lang
Christina Rau im Gespräch

Wie fühlen Sie sich dann?

Es irritiert mich, wenn soziales Engagement so abgetan wird. Niemand bestreitet, dass die DB weiter an der Pünktlichkeit arbeiten muss. Die Deutsche Bahn Stiftung hat als gemeinnützige Organisation allerdings ganz andere Aufgaben. Hier geht es um mehr Bildungsmöglichkeiten für benachteiligte Kinder und Jugendliche, mehr Chancengleichheit in unserer Gesellschaft, um nur einige zu nennen.

Der Deutschen Bahn sollte das Engagement der Stiftung also auch in diesen Zeiten wichtig sein?

Ja, es muss ihr wichtig sein. Erstens hat sie als Konzern mit über 200.000 Mitarbeitenden und einem jährlichen Umsatz in Milliardenhöhe eine gesellschaftliche Verantwortung, sich für das Gemeinwohl einzusetzen. So wie jedes andere große Unternehmen auch. Zweitens verfügt der Konzern und damit auch die Stiftung über Möglichkeiten, die keine andere Organisation in Deutschland hat. Die müssen wir nutzen.

Welche Möglichkeiten meinen Sie? 

Ein offensichtliches Beispiel ist der Sozialraum Bahnhof. Reisende jeden Alters aus allen Teilen der Gesellschaft treffen hier zusammen, ebenso obdachlose und andere Menschen, die in psychischen oder sozialen Krisen eine Zuflucht suchen. Hier können wir direkt vor Ort helfen, etwa in Zusammenarbeit mit den über 100 Bahnhofsmissionen, mit denen wir von Beginn an eng kooperieren. Zunehmende Verarmung und weitere gesellschaftliche Veränderungen zeigen sich im Bahnhofsumfeld früher und deutlicher als anderswo. Entsprechend können wir neue Projekte ins Leben rufen. So entstand etwa sofahopper.de, die digitale Streetwork-Station für wohnungslose Kinder und Jugendliche, die wir mit der Off Road Kids Stiftung entwickelt haben. Oder die Ambulanz für obdachlose Menschen der Berliner Stadtmission nahe dem Hauptbahnhof. Ein Projekt, das wir von Beginn an unterstützen.

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 Haben Sie noch weitere Beispiele?

Wenn wir nur bei den Bahnhöfen bleiben: Sie sind auch ideale Orte, um auf gesellschaftliche Themen aufmerksam zu machen, die ein breitgefächertes und großes Publikum erreichen sollen. Immerhin fahren mehr als 12 Millionen Menschen aus allen Bereichen der Gesellschaft täglich mit der Bahn. Eine bessere Plattform kann man sich kaum vorstellen.

Eine Plattform wofür?

Etwa für Vorlese-Aktionen, die wir seit 2004 jedes Jahr am Bundesweiten Vorlesetag im Rahmen der Leseförderung mit unseren Partnern – Stiftung Lesen und der Wochenzeitung DIE ZEIT – organisieren. Oder für unsere Wanderausstellungen. So haben wir im August 2024 am Berliner Hauptbahnhof die Ausstellung „Ehrenwert“ eröffnet, die seitdem durch verschiedene Bahnhöfe in Deutschland tourt. Sie zeigt Porträts von Menschen, die sich in ganz verschiedenen Bereichen ehrenamtlich engagieren, würdigt ihre Arbeit, informiert über die Projekte und soll ein breites Publikum dazu inspirieren, sich ebenfalls für ein Ehrenamt zu begeistern. Unter den DB-Mitarbeitenden gibt es übrigens Tausende, die in ihrer Freizeit ehrenamtlich tätig sind.

Wie erklären Sie sich das?

Solidarität und soziales Engagement sind unter Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern traditionelle Werte. Die Hilfsbereitschaft der DB-Mitarbeitenden ist überwältigend und beeindruckt mich immer wieder aufs Neue. Darin liegt vielleicht die eigentliche Stärke der Deutsche Bahn Stiftung. Somit ist es nicht verwunderlich, dass das Thema Ehrenamt ein Schwerpunkt der Stiftung ist. Mit dem Programm Ehrensache fördern wir zum Beispiel finanziell direkt gemeinnützige Projekte und

Solidarität und soziales Engagement sind unter Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern traditionelle Werte.
Solidarität und soziales Engagement sind unter Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern traditionelle Werte.
Quelle: Deutsche Bahn Stiftung / Oliver Lang
Solidarität und soziales Engagement sind unter Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern traditionelle Werte.

Angebote, in denen sich DB-Mitarbeitende in ihrer Freizeit ehrenamtlich einsetzen. Zusätzlich nutzen wir die Reichweite der Stiftung, um auf die Projekte aufmerksam zu machen. Die Stiftung bietet außerdem auch zahlreiche Chancen für Mitarbeitende, sich kurzfristig zu engagieren, beispielsweise beim Bundesweiten Vorlesetag oder der alljährlichen Weihnachtsaktion Wunscherfüller:in, bei der DB-Mitarbeitende bedürftigen Menschen eine Freude bereiten.

Welche weiteren Besonderheiten der Stiftung sehen Sie?

Was mich begeistert: Die Deutsche Bahn Stiftung betreibt mit dem DB Museum das älteste Eisenbahnmuseum der Welt. Das wissen viele gar nicht. Im Stammhaus in Nürnberg sowie an den Standorten in Koblenz und Halle an der Saale wird 200 Jahre Eisenbahngeschichte in Deutschland erlebbar. Das fasziniert jährlich nicht nur rund 200.000 erwachsene Museumsgäste, sondern auch mehrere Zehntausend Kinder. Mich beeindrucken die 15.000 Ausstellungsobjekte und die spannenden Originalfahrzeuge aus verschiedenen Epochen, aber auch, wie das DB Museum einen wichtigen Bildungsauftrag übernimmt. So thematisiert es beispielsweise die Beteiligung der Reichsbahn an den Verbrechen des Nationalsozialismus. In Auseinandersetzung damit stellt sich das moderne Unternehmen Deutsche Bahn in besonderer Vehemenz gegen jede Form von Rassismus, Antisemitismus, Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit. Dies ist eines von vielen Beispielen, wo der Konzern als Ganzes und die Stiftung besonders eng verzahnt sind.

Das komplette Interview lesen Sie im aktuellen Jahresjournal Menschen24.

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